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„Wir hoffen, dass Pädiater an den körperlichen Befunden und Radiologen an den Röntgenbildern erkennen, [dass] mit den Wirbeln etwas nicht stimmt [und] wir dieses Kind zu einem Genetiker schicken müssen.“ – Dr. Paul Harmatz

HNO bei MPS: ein wesentlicher Beitrag zum frühzeitigen Verdacht und bei der langfristigen Versorgung

Die Otolaryngologie spielt eine wichtige Rolle bei der MPS-Diagnose

Bei Personen mit Mukopolysaccharidose (MPS) kommt es häufig zu Manifestationen im Bereich von Hals, Nase und Ohren (HNO), die oftmals zu den ersten Symptomen zählen.1 Häufig beobachtete Manifestationen sind u. a. adenotonsilläre Hypertrophie, häufige Infektionen der oberen Atemwege und Hörverlust.1,2

Eine verzögerte Diagnose kann folgende Auswirkungen haben:

  • Schwere multisystemische Komplikationen1,4
  • Irreversible oder Endorganschäden1
  • Verzögerte Behandlung3
  • Fehlender Zugang zu krankheitsspezifischer Behandlung mit gleichzeitigem Anstieg des Risikos der Operationsmortalität8‑12
Die Anzeichen und Symptome sind nicht vorhersagbar und über die gesamte Bandbreite sowie innerhalb der verschiedenen MPS-Erkrankungen klinisch heterogen, wodurch die Diagnose erschwert wird. Die Patienten können nicht-klassische und/oder klassische Anzeichen einer MPS sowie eine rasch oder langsam fortschreitende Erkrankung aufweisen.3-7

MPS vermuten, berücksichtigen und ausschließen

Aufgrund neuer Erkenntnisse und therapeutischer Optionen haben HNO-Ärzte die Möglichkeit, das Leben von MPS-Patienten und deren Angehörigen durch eine zeitige Erkennung positiv zu beeinflussen, indem eine krankheitsspezifische Intervention und der Zugang zu verfügbaren Therapien ermöglicht wird. Die Anzeichen und Symptome sollten berücksichtigt werden, um rascher intervenieren zu können.

In den Atemwegen und im HNO-Bereich sind häufig Symptome zu beobachten, die entweder isoliert oder zusammen mit anderen Symptomen auftreten können. Eine hohe Wachsamkeit bei HNO-Manifestationen kann ein wichtiger Beitrag zur frühzeitigen Diagnose einer MPS und der zeitigen Aufnahme einer Behandlung sein.

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  • In einer Kohortenstudie mit MPS-Patienten, die an einer pädiatrischen Abteilung (Neapel, Italien; Juni 1999 bis Juni 2009) untersucht wurden, zeigte die große Mehrheit (90 %) der Patienten (n = 20) HNO-Manifestationen2
  • In dieser Kohorte betrug das mediane Alter beim Erstbesuch des HNO-Arztes 12 Monate und das mediane Alter bei der Diagnose 3 Jahre. Diese Diagnoseverzögerung weist auf eine große Möglichkeit hin, die Zeit bis zur Diagnose unter diesen klinischen Umständen zu verkürzen2
  • Zehn Patienten (50 %) unterzogen sich einer der folgenden HNO-Operationen: Adenotonsillektomie (5 Patienten, 25 %), Adenotomie (3 Patienten, 15 %), Tonsillektomie (2 Patienten, 10 %), Einsetzen von Paukenröhrchen (3 Patienten, 15 %), Tracheotomie (1 Patient, 5 %) und Entfernung von Stimmbandpolypen (1 Patient, 5 %)2
ENT-and-respiratory-symptoms-that-may-trigger-suspicion-of-MPS_AMc

HNO-Symptome, insbesondere in Verbindung mit anderen systemischen Anzeichen und Symptomen, sollten eine Überweisung an einen Genetiker oder ein Stoffwechselzentrum veranlassen.9,14 Neben diesen häufigen Anzeichen im HNO-Bereich und in den Atemwegen sollten die folgenden zusätzlichen Merkmale ebenfalls Ihren Verdacht auf MPS bestärken:7

  • Grobe Gesichtszüge
  • Vergrößerung von Kopf und Zunge
  • Unregelmäßig geformte Zähne

Machen Sie sich gründlich mit den Anzeichen und Symptomen vertraut, die Ihren Verdacht auf eine MPS bestärken sollten

Das Erscheinungsbild und die Krankheitsprogression sind nicht vorhersagbar und über die gesamte Bandbreite sowie innerhalb der verschiedenen MPS-Erkrankungen multisystemisch und variabel, wodurch die Diagnose erschwert wird.9

Die Diagnose wird häufig erst verzögert gestellt, was schlimme Folgen für Ihre Patienten haben kann. Eine frühzeitige Erkennung der Anzeichen und Symptome in verschiedenen Organsystemen kann für die zeitige und genaue Diagnose von entscheidender Bedeutung sein. Machen Sie sich mit den verschiedenen Anzeichen und Symptomen von MPS vertraut, die in Ihrer Abteilung auftreten könnten.3,8

Andere Erscheinungsbilder von MPS

Muster bestimmter Anzeichen und Symptome sollten den klinischen Verdacht auf MPS bestärken

Es gibt deutliche und im Allgemeinen sichtbare Anzeichen, die unabhängig von den klinischen Begleitumständen den Verdacht auf MPS wecken sollten. Bei genauerer Untersuchung können mithilfe von fachärztlichen klinischen Beurteilungen, Laborbefunden und Patientenanamnesen u. U. weitere Symptome entdeckt werden. Diese Unterteilung ist nachstehend dargestellt.

Anzeichen und Symptome von MPS1‑5,7,9,13,15‑24

Bewegungsapparat

Allgemeine Merkmale

  • Ganganomalie
  • Knochendysplasie
  • Klauenhände
  • Grobe Gesichtszüge
  • Gelenkschmerzen
  • Makrozephalus
  • Pectus carinatum
  • Verminderte Ausdauer/Belastungsintoleranz
  • Kleinwuchs/Wachstumsverzögerunga

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Ganganomalie
  • Knochenfehlbildungen
  • Dysostosis multiplex
  • Genu valgum
  • Entzündungsfreie Gelenkbeteiligung (Kontrakturen, Gelenklaxität)
  • Subluxation der Wirbelsäule

Rheumatologie

Allgemeine Merkmale

  • Verminderte Gelenkbeweglichkeit
  • Hüftsteife und -schmerzen
  • Gelenkschmerzen
  • Gelenksteife oder -laxität

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Karpaltunnelsyndrom
  • Gelenkbeteiligung ohne Gelenkschwellung oder erosive Knochenläsionen

Hals, Nase und Ohren

Allgemeine Merkmale

  • Konduktiver und/oder sensorineuraler Hörverlust
  • Vergrößerte Zunge
  • Rezidivierende Otitis media

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Epiglottisanomalie
  • Abgeflachter Nasenrücken
  • Adenoide Hypertrophie
  • Hypertrophe Mandeln
  • Ohrenausfluss
  • Verengung der supra- und infraglottischen Atemwege
  • Knochenfehlbildung
  • Rezidivierende und starke Rinorrhoe
  • Rezidivierende Otitis media
  • Verdickung/Kompression der Luftröhre
  • Tubenobstruktion
  • Verdickung des Trommelfells

Augen

Allgemeine Merkmale

  • Katarakte
  • Diffuse Hornhauttrübung
  • Glaukom

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Amblyopie
  • Hornhauttrübung mit charakteristischer „milchglasartiger‟ Erscheinung
  • Starke Hyperopie
  • Hypertelorismus
  • Sehnervanomalien (Schwellung und Atrophie)
  • Periphere Hornhautvaskularisation
  • Progressiver Pseudoexophthalmus
  • Visusminderung
  • Retinopathie
  • Strabismus

Nervensystem

Allgemeine Merkmale

  • Verhaltensauffälligkeiten (treten bei MPS IVA und VI in der Regel nicht auf)
  • Entwicklungsverzögerung (tritt bei MPS IVA und VI in der Regel nicht auf)
  • Hörstörung
  • Krampfanfälle (treten bei MPS IVA und VI in der Regel nicht auf)

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Arachnoidalzysten (treten bei MPS IVA und VI in der Regel nicht auf)
  • Hirnatrophie (tritt bei MPS IVA und VI in der Regel nicht auf)
  • Karpaltunnelsyndrom
  • Kompression/Myelopathie/Subluxation des zervikalen Rückenmarks
  • Vergrößerter Perivaskulärraum
  • Hydrozephalus
  • Fehlbildung des Dens axis
  • Papillenödem/Optikusatrophie
  • Sensorineurale Taubheit
  • Signalintensitätsanomalien
  • Spinalkanalstenose
  • Ventrikulomegalie

Herz-Kreislauf-System

Allgemeine Merkmale

  • Verminderte Ausdauer/Belastungsintoleranz

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Pulmonale Hypertonie
  • Verdickte, regurgitierende oder stenotische Mitral- oder Aortenklappen mit linksventrikulärer Hypertrophie
  • Trikuspidalklappenregurgitation

Lunge

Allgemeine Merkmale

  • Verminderte Ausdauer/Belastungsintoleranz
  • Schlafapnoe

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Obstruktion der oberen und unteren Atemwege (Bronchienverengung, Verengung der supra- und infraglottischen Atemwege)
  • Progressive Abnahme des Lungenvolumens
  • Atemwegsinfekte
  • Schlafstörungen (obstruktive Schlafapnoe/Hypopnoe-Syndrom und obstruktives Schnarchen)

Magen-Darm-Trakt

Allgemeine Merkmale

  • Bauchschmerzen
  • Obstipation
  • Hepatosplenomegalie
  • Hernien
  • Weicher Stuhl

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Hepatosplenomegalie

Gebiss

Allgemeine Merkmale

  • Abnorme Bukkalflächen
  • Dentinogenesis imperfecta
  • Hypodontie
  • Spitze Zahnhöcker
  • Schaufelzähne
  • Dünner Zahnschmelz

Merkmale, die bei einer fachärztlichen Untersuchung festgestellt werden können

  • Abnorme Bukkalflächen
  • Dünner Zahnschmelz

aSkelettbeteiligung und Kleinwuchs können bei manchen Patienten weniger stark ausgeprägt sein.

HNO-Ärzte können eine wichtige Rolle bei der Identifikation von Menschen mit MPS spielen und entsprechende Patienten sollten zur endgültigen Diagnose und ggf. Einleitung einer Behandlung an einen Genetiker oder ein Stoffwechselzentrum überwiesen werden.9

Weitere Informationen

Eine frühe Untersuchung ermöglicht eine zeitige Intervention.
Schieben Sie sie nicht auf.

Ein neues Zeitalter der Behandlung. Bleiben Sie auf dem neuesten Stand bei MPS.

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